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Datum

08.09.2002

Etappe

Sofia(BG) - Pazardzhik(BG)  

Activities

Distanz

120 km

Fotos

11

Um 7h bin ich startbereit. Da ich noch immer keinen Stadtplan habe, besorge ich mir einen solchen beim verschlafenen Portier und lasse mir noch erklären, wie ich aus der Stadt Richtung Plovdiv herausfinde. Am Anfang habe ich noch ein Problem mit den kyrillischen Schriftzeichen, ich muss erst mein Wissen vom Vorjahr auffrischen. Aber ich finde dann doch auf die 4-spurige, auf der ich am Vortag schon eingeflogen bin und mache dort noch Halt, um mir ein Sandwich und die vergessenen Instrumente für die Zahnpflege zu kaufen.

Zuerst geht es dann mal auf die Autobahn, ich sehe sonst keinen anderen Weg Richtung Plovdiv und für die Radar kontrollierenden Bullen existieren Radfahrer sowieso nicht. Nach 10 km verlasse ich den Highway und fahre auf der schmalen Bundesstrasse weiter. Hier ist weit und breit nix, bevor ich durch Novi Han, ein kleines Bauerndorf, fahre.

Die alte Strasse ist sehr wenig befahren, sie dürfte ihren Dienst geleistet haben, alles fährt über die parallel führende Autobahn, von der ich aber gottseidank nichts seh und höre. Dafür gibt es ab jetzt viele 8%-ige Steigungen und der Strassenzustand ist extrem schlecht. Bis Vakalrel überholen mich ganze 3 Autos.

Dann geht es bergab nach Ihtiman. Dort mache ich Pause bei einer Tankstelle und gönne mir ein verdientes Sandwich. Dabei lasse ich mein Bike von 2 Polizisten bewachen, die allerdings vorzeitig unerlaubt ihren Posten verlassen. Die Provinzstadt kann mit wunderschönen Plattenbetonbauten aufzeigen, rundherum garniert mit Plastiksäcken.

Als ich Ihtiman verlasse, sind links und rechts überall streunende Hunde. Sie bescheren mir allerdings kein Problem, anstattdessen stellt sich nun heftiger Gegenwind ein. Weiter geht es durch Mirovo, wo ich bei einem 8%-igen Anstieg von lautstarker Balkanmusik begleitet werde - es findet gerade ein Volksfest statt.

Danach geht es so richtig steil ohne Treten bergab, bis ich nach Kostenets komme. Kostenets ist die erste Stadt seit Sofia und an Hässlichkeit und Heruntergekommenheit kaum zu überbieten. Auch danach fällt die Strasse - zwar nicht viel, aber stetig. Ich fahre durch Belovo, wo sich eine riesige Papierfabrik befindet und unzählige Strassenhändler Restposten von Klopapier und Küchenrollen verkaufen. Nach Belovo passiert mir dann das, was jedes Radlerherz tiefer schlägen lässt: Ich fahre durch einen Scherbenteppich, dass es gleich nur so pfeift. Gottseidank nur aus dem Hinterrad, einen Ersatzschlauch habe ich ja mit. Während der Reparatur kommt zufällig ein bulgarischer Sportradfahrer vorbei (von dieser Spezies habe ich im Verlauf meines Bulgarienaufenthalts nur 3 getroffen) und hilft mir sofort. Der Mann hat an diesem Tag eine ziemlich gewaltige 180 km Tour inklusive Bergwertungen hinter sich und wir unterhalten uns mit Händen und Füssen.

Etwas angefressen, dass mir das gleich am ersten Tag passieren muss, setze ich die Etappe fort. Die nächsten 25 km sind ziemlich flach, dafür hat es beträchtlichen Verkehr. Bei einer Pause lerne ich noch einen bulgarischen Utility-Radfahrer kennen, der mir im Laufe unserer gebärdenbetonten Unterhaltung ein Ikonen-Bild schenkt - hat geholfen, ich sollte keinen Platten mehr haben.

In Pazardzhik angekommen finde ich gleich ins Zentrum und nehme mir ein Zimmer im Hotel "Trakia". Balkanstandard um 15$. Anschliessend durchforste ich das Zentrum der Stadt, esse eine Pizza und schaue mir schliesslich am monumentalen Marktplatz zusammen mit 1000 anderen Leuten (kein Scherz) den sonntäglichen Movie ("JFK") an. Das Filmereignis ist ein richtiges Happening und wird auf die weisse Wand des Rathauses projiziert.

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