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Datum

11.09.2002

Etappe

Edirne(TR) - Corlu(TR)  

Activities

Distanz

122 km

Fotos

4

Die Strasse nach Corlu brauche ich nicht zu suchen, sie befindet sich direkt vor dem Hotel und ist am Anfang 2-spurig. Nach 6 Kilometern ist die Abzweigung auf die Autobahn und es geht auf einer Spur weiter. Gleich nach Ortsende gibt es einmal einen ordentlichen Anstieg, er bereitet mich auf das vor, was sich die nächsten 80 km nicht mehr ändern sollte: Bis Lülleburgaz ist es eine einzige Berg-und-Tal-Orgie, die Steigung liegt so bei 5-8%, kilometerlang geht es bergauf und bergab, viel davon pfeilgerade. Fahrradstreifen ist da und auch eine Traktorspur (in Trakien leben die Leute ausser von der Landwirtschaft nur von ebendieser), die allerdings ziemlicher Trümmerasphalt und somit für mich unbrauchbar ist.

Zwischendurch winkt mich ein türkischer Polizist an den Strassenrand. Da ich erst den zweiten Tag in der Türkei bin, weiss ich nicht, inwieweit die Jungs zum Scherzen aufgelegt sind. Tatsächlich fragt er mich aber dann nur "chow are you?", er und sein Kollege lachen und deuten mir, mich immer schön rechts zu halten.

Ich fahre durch Babaeski, danach geht es in der gleichen Tonart weiter, immer wieder auf und nieder. Langsam gebe ich die Hoffnung auf, dass sich das Landschaftsprofil jemals ändern wird. Irgendwann bin ich dann in Lülleburgaz und hole mir bei einer Tankstelle Wasser und etwas zum Essen. Der junge Angestellte, ausgestattet mit einem Efes-Shirt, zeigt mir ganz stolz, was er alles an Biersorten hat, und das ist tatsächlich nicht wenig.

Was dann folgt, ist wieder unter "Massaker-Piste" einzuordnen: Es wird zwar flach, dafür einspurige Bundesstrasse ohne Fahrradstreifen und mit massig Schwerverkehr. Links und rechts reiht sich eine Fabrik an die andere, viele davon sind von der "Tekstil"-Branche, irgendwo muss das ganze gefälschte Zeugs ja herkommen. Es ist wieder absolut lebensgefährlich, vielleicht ist 3h am Nachmittag auch die falsche Zeit.

In Vakiflar treffe ich dann Markus, einen deutschen Radler aus Münster, der von Budapest aus über Rumänien und die bulgarische Schwarzmeerküste unterwegs nach Istanbul ist. Er erzählt mir, dass er gerade eine Reifenpanne hatte und vorher fast von einem Holzpflock, den ein Laster durch das Ausweichmanöver verloren hat, erschlagen worden wäre (O-Meldung: "Das wäre dann eine ziemliche kopflose Sache geworden...").

Zusammen fahren wir dann, aus Sicherheitsgründen fast nur mehr auf dem Schotterstreifen neben der Strasse (obwohl dort stets die Gefahr eines Platten durch Glasscherben lauert), die restlichen 20 km bis nach Corlu. Die Stadt hat ausser dem Airfield, von dem aus die Ami-Bomber im Golfkrieg starteten, wenig zu bieten. Für Euro 5,-- pro Einzelzimmer finden wir ein Hotel im Zentrum, die Kommunikation mit dem absolut netten Portier gestaltet sich wieder als äussert schwierig.

Anschliessend gehen wir dann noch in ein Restaurant und die Verständigungsprobleme nehmen nicht ab. Unsere Französisch-Kenntnisse sind fast so schlecht wie unser Türkisch, trotzdem ist der französischsprechende Chef sehr um uns bemüht und nimmt uns zur Menüauswahl mit in die Küche. Nach 2 Liter Kirschsaft sieht die Welt auch schon besser aus.

Für morgen befürchte ich einen ziemlichen Höllenritt nach Istanbul

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